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hei matau

Kurzgeschichte

27.03.2010

Das Gras glänzend von Tau, die Luft feucht und rein. Sein Blick weilt in der Ferne. Es ist noch früh am Morgen. 

Möwen brechen die Stille durch ihr schrilles Kreischen. Das bedächtige Rauschen der Brandung dringt an sein Ohr.

Majestätisch erhebt sich die Sonne am Horizont und wirft ihr erstes Licht an Land. Die Augen zusammengekniffen sitzt er allein in den Felsen. Warme Sonnenstrahlen streichen die wettergegerbte Haut des Alten. Golden glänzt sein Gesicht im Morgenlicht. 

Er wendet den Blick vom Horizont ab und betrachtet den Anhänger, einen kleinen Fischhaken, in seinen faltigen Händen. Lautlos formen seine Lippen die Worte hei matau. Der Alte blinzelt in die Sonne. Sein Vater lag im Sterbebett, als er ihm diesen Anhänger vermachte. „Stärke und Glück – mögen sie dein Leben begleiten.“ Es waren die letzten Worte, die er von ihm hörte. 

Er betrachtet erneut den kleinen Fischhaken in seiner großen Hand. Stärke und Glück. Zwei Wegbegleiter, die ihm als Häuptling bisher treu waren. Der weiße Walknochen verschwindet in seiner Faust. 

Er beobachtet eine Möwe beim Beutefang. Sie hat mit dem Fisch zu kämpfen.

Auch für ihn waren es schwere Zeiten gewesen. Doch er war stark geblieben in Kriegen um Ackerland und Weideflächen. Nur mit Mühe konnte er seinen Stamm vor dem Schlimmsten bewahren. 

Inzwischen ist der gesamte Feuerball der Sonne am Horizont zu sehen. Warm sendet er sein Licht und erfüllt den Tag mit Energie.

Es sind diese Stunden der Ruhe, die ihm gefehlt haben. Nun, unabhängig von der britischen Krone, versprechen die Zeiten besser zu werden. 

Der Alte küsst dankbar seinen Glücksbringer und denkt dabei an den Vater.

Er hängt sich den Anhänger um den Hals und steht auf. Zum letzten Mal verlässt er diesen Ort.

 
copyright by Christoph S. Rauth